Gut beraten - Mein Verständnis von "Beratung"

Was ist Beratung? In den vergangenen Tagen und aktuell ist das die Frage, die ich mit Teilnehmenden von Lehrgängen zur Philosophischen Praxis und Mentoring im Schulbetrieb bearbeite. Hier schildere ich, wie mein Beratungsverständnis (unter anderem) aussieht.

Ed Schein (er ist uns bereits im NotizBLOG vom 26.8.2022 begegnet) hat zwischen drei Arten der Beratung unterschieden:

1. Beratung als Kauf von Fach- und Expertenwissen („Telling and Selling"): 

Die Kundschaft will eine vorgegebene Lösung für ihr Problem, die von eindeutigen Sachverhalten ausgeht.

2. Beratung im Rahmen des Arzt-Patienten-Modells: 

Die Kundschaft kennt selbst nur die Symptomatik des Problems und kann diese der beratenden Person mitteilen. Damit werden Verantwortung für die richtige Diagnose und die daraus folgende richtige Behandlung des Problems an die beratende Person delegiert.

3. Das Prozessberatungsmodell:

Es unterscheidet sich von 1. und 2. durch ein anderes Verständnis von Problem und Lösungsfindung. Der Fokus auf den Prozess legt nahe, dass es sich um die Dynamik dreht, die sich zwischen den Beteiligten abspielt. Die Verantwortung für den Probleminhalt und die Entscheidung für die Lösung liegen bei den Kund*innen. Die beratende Person ist für den professionellen Verlauf des Beratungsprozesses verantwortlich.

Das Prozessberatungsmodell ist meine Grundlage besonders in den Formaten Supervision und Philosophische Beratung. Auch in Coaching und in der Beratung zu Stressmanagement und Burnout-Prävention spielt diese Grundlage eine Rolle, aber hier kommt es ganz auf den Auftrag an.

Wesentliche Grundannahme der Prozessberatung: Die Kundschaft muss lernen, das Problem selbst zu erkennen, indem sie an dem Diagnoseprozess teilnimmt und aktiv bei der Entwicklung der Behandlungsstrategie beteiligt ist. Die Kundschaft übernimmt letztendlich für jede Intervention die Verantwortung. 

Damit der Kunde oder die Kundin dies auch kann, hat Edgar H. Schein zehn Prinzipien zur Beratung, die helfen die Macht beim Kunden bzw. bei der Kundin zu belassen, bzw. diese nicht in die Abhängigkeit der beratenden Person geraten zu lassen:

1. Versuche stets zu helfen.
Beratung bedeutet zu helfen. Jeder Kontakt sollte, soweit möglich hilfreich wahrgenommen werden.
2. Verliere nie den Bezug zu der aktuellen Realität.
Die beratende Person kann nur helfen, wenn sie sich über die Realität im Klaren ist. Jeder Kontakt sollte für Alle weitere Informationen liefern.
3. Setze dein Nichtwissen ein.
Die beratende Person, die unterscheiden kann zwischen dem, was sie weiß, was sie zu wissen glaubt und was sie nicht weiß, kann ihre innere Realität entdecken.
4. Alles, was du tust, ist eine Intervention.
Nachdem alles Wirkung und Ursache ist, ist alles, was der Berater/die beraterin, tut mit Folgen verbunden, wofür er bzw. sie Verantwortung zu übernehmen hat und die Konsequenzen durchdenken sollte.
5. Das Problem und seine Lösung gehören dem Klienten.
Die beratende Person ist für die Beziehung zuständig. In dieser Beziehung kann ie Kundschaft für ihr Problem Lösungen finden und die Verantwortung dafür übernehmen. Der Klient/die Klientin muss damit leben, nicht die beratende Person.
6. Gehe mit dem Flow.
Die beratende Person, die mit dem Fluss des Klientensystems geht, kann herausfinden, was den Klienten/ die Klientin motiviert und wo dessen/deren Veränderungspotential liegt.
7. Das Timing ist entscheidend.
Nicht die Intervention als solches bringt Entscheidendes, sondern der Zeitpunkt des Einsatzes.
8. Sei konstruktiv opportunistisch und arbeite mit konfrontativen Interventionen.
Neben dem „Laufen im Fluss" des Klientensystems, gilt es auch deren offene Momente zu nutzen und mit risikoreicheren Interventionen Alternativen einzubringen.
9. Alles liefert Daten; Fehler wird es immer geben, sie sind die wichtigste Quelle neuer Erkenntnisse.
Nutzen wir die neuen Erkenntnisse, die fehlerhaft platzierte Interventionen der beratenden Person liefern.
10. Teile im Zweifelsfall das Problem mit anderen.
Die beratende Person kann im Zweifelsfalle auch die Kundschaft bei Entscheidungen zu den nächsten Schritten einbinden.

(Vgl. Edgar H. Schein: Prozessberatung für die Organisation der Zukunft. Bergisch Gladbach 2010, S. 297ff.)

Wenn Sie mit mir zu diesem oder anderen Themen in Kontakt treten und mehr wissen wollen: info@beratungforcher.at oder +43 650 41 00 561

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Kategorie: Beruf und Management, Blog, Leben, Philosophie

Datum: 15.11.2024

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Resonanzen

„Bei den Kursen des Sozial-medizinischen Vereines Tirol mit dem Titel: "Pflege 1x1" hat sich Herr MMag. Forcher als langjähriger Referent zum Thema Burnout sehr engagiert. Ziel dieser Kurse war es, Pflege für zu Hause durch Profis zu erlernen. Da sich dieser Kurs an pflegende Angehörige gewendet hat (welche äußerst Burnout gefährdet sind) hat Herr MMag. Forcher den wichtigen Schwerpunkt mit der Burnout-Prophylaxe kompetent den TeilnehmerInnen vermittelt. Beim Feedback durch die KursabsolventInnen wurde immer seine angenehme, ruhige und kompetente Art hervorgehoben. Das Erkennen, wie wichtig es ist, auf seine eigene psychische Gesundheit zu achten, wurde optimal und verständlich an die TeilnehmerInnen weiter gegeben. Diese Kurse fanden in ganz Tirol statt und Herr MMag. Forcher konnte an jedem vorgegebenen Kursort als Referent eingeladen werden. Auf die Unterschiedlichkeit der Kleingruppen (ca. 8 -12 Personen) konnte er professionell eingehen und den Unterricht auf die Bedürfnisse der jeweiligen Gruppe abstimmen. Dies war sehr wichtig da, die Homogenität der Gruppe nicht immer gegeben war. Ich freue mich, so einen verlässlichen Referenten zu diesem wichtigen Thema des "Ausbrennens" in der Person von Herrn MMag. Forcher gefunden zu haben und bedanke mich für die äußerst angenehme Zusammenarbeit.“

Verantwortliche einer Fortbildung zur Burnoutprävention

"Supergeil!"

Teilnehmer über ein von mir begleitetes Seminarwochenende in einer LSB-Ausbildung.

Anschrift

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